Altstraßen im Taunus

Die rheinmainische Senke und die Mainebene waren schon immer Durchgangsland für N-S-Verkehrsverbindungen.
Die Grabensenke zwischen Odenwald/Schwarzwald sowie Hardt / Vogesen (= Oberrheinische Tiefebene) bildete einen natürliche Straße nach Süden; deren Fortsetzung waren die Burgundische Pforte bzw. die Alpenpässe.
Nach Osten öffnete sich das Maintal, nach Westen die Pfälzer Senke, nach Norden die Wetterau und die Hessische Senke.

Das Taunusland ragte von Süden aus gesehen wie ein Querriegel den nordwärts Strebenden entgegen. Nach dem steilen Aufstieg aus der Rhein-Main-Senke fällt der Taunuskamm in einer sanft gewellten Hochfläche nach Norden zur Lahn hin ab.
Die Streckenführung der Altraßen ist bestimmt durch diese Landschaft.

Diese Hochfläche wird parallel dem Rheindurchbruchstal, also in ungefähr nordnordwestlicher Richtung, durch die tief eingeschnittenen Täler des Mühl- und des Dörsbachs, der Aar, des Wörsbachs und der Ems, der Weil, des Mett-, Solms-, Wetz- und Kleebachs in einzelne langgestreckte Höhenrücken aufgeteilt, die die Wasserscheiden zwischen den genannten Bächen bilden. Die landschaftliche Struktur des Taunusinnern ist somit den nordsüdlich gerichteten Verkehrswegen, den Taunusquer – straßen, außerordentlich günstig.

Die Taunusquerstraßen waren Höhenstraßen. Ihre Streckenführung auf den die Wasserscheiden bildenden Höhenrücken entlang, oder wenigstens parallel den Kammlinien, ist daher durchweg geradlinig, klar und zielstrebig.
Die Höhe war günstiger für Wege als die feuchten Täler. Der Boden ist auf längeren Strecken eben, da Wasserscheiden sel – ten(er) von Quertälern durchbrochen werden. Das Erdreich ist gewöhnlich fest, da Höhen nur geringe Bodendecken tragen.
Oft tritt der Fels hervor und bildet ein natürliches Pflaster. Der Untergrund trocknet schneller, da das Wasser nach allen Seiten schneller abfließen kann. Fernsicht erleichtert die Orientierung.

Die westöstlich ziehenden Taunuslängsstraßen:
Neben den die Oberflächengestalt des Taunushochlandes bestimmenden Quertälern besitzt das Gebirge nur drei ausgesprochene Längstäler, die der Wisper, der obersten Aar und der Usa.
Ihrem Verlauf mit seinem ständigen Auf und Ab fehlt, eben infolge der geschilderten Struktur der Landschaft, das zielstrebig Klare der Streckenführung, das die Nordsüdstraßen auszeichnet.

Als markante und allgemein bekannte Linien im Gelände werden Straßen schon früh vielfach zu Besitzgrenzen; noch heute fallen sie weithin mit Flur- oder Gemarkungsgrenzen zusammen.

01) Die “Hohe Straße” Frankfurt – Köln
02) Die “Hühnerstraße”
03) “Rintstraße” oder Ren(n)straße
04) Die “Bäderstraße”
05) Weg von Lorch aus auf dem Taunuskamm
06) Frankfurter Straße (B 456)

07) Wäller Straße
08) Rennstraße
09) Die “Alte Idsteinerstraße”
10) Eisenstraße I (nicht in der Karte)
11) Eisenstraße II (nicht in der Karte)
12) Hessenstraße

I. Nord – Süd – Verbindungen
(Die vorangestellten Ziffern beziehen sich auf die beigefügte abstrahierende Skizze)

1) Die “Hohe Straße” Frankfurt – Köln , auch: “Cölnische Hohe Heer- und Geleitstraße”
Sie verband die Mainfurten und die Lahnfurten und führte dann weiter durch den WW nach Köln.
Anschlüsse vom S waren die “Alte Mainzerstraße” von Mainz-Kastel, die Mainübergänge Hochheim, Flörsheim, Eddersheim, Höchst und Frankfurt. Von Heddernheim her im Osten nutzte man die römische Pflasterstraße über den Nordsattel des Altkönigs. Im Westen, von Diedenbergen-Langenhain her, nutzte man als Zubringer die Wasserscheide von Weilbach und Kriftelbach (=Schwarzbach?).
Alle Zubringer gingen über den Sattel des Kastells Alteburg und sammelten sich am “Wörsdorfer Schlag”, (= Gebück); dann wurde der Höhenrücken zwischen Wörsbach und Ems genutzt. Bei Niederbrechen ging der Weg ins Tal, um dann hoch zur Berger Kirche nach LM zu führen. In LM (Markierung in der Altstadt!) gab es keine Furt, sondern einen Steinbrücke. Der weitere Verlauf : Elz-Wallmerod-Altenkirchen.
In der Neuzeit durch die Talstraße B 8 im Emstal (“Goldener Grund”) abgelöst.

2) Die “Hühnerstraße” (Mainzer Straße, B 417, “Bubenheimer Straße”)
Hauptverkehrsstraße zwischen den Pfalzen im Rhein-Main-Gebiet und der Kaiserstadt Aachen; 790, 812: Benennung nach einem bei Kirberg gelegenen Dorf: “strata publica que nominatur Bubenheimer straza” urkundlich erwähnt (Bubenheim bei Kirberg). 1043: “platea, que de Wisbadon tendit”, kurz “Platte” genannt.
Mainz, Igstadt und Heßloch (“Achert-Gräben”), Platte (“Platter Straße”) Neuhof, Hünerkirche, Kirberg, Limburg
Nördlich LM weiter über die Wasserscheiden über Rennerod (?) und Stein-Neukirch nach Siegen. Moderne Konstruktion auf Befehl Napoleons 1806

3) “Rintstraße” oder Ren(n)straße (Alte Kemel-Limburger Straße)
Sie verlässt bei Kemel die Bäderstraße und zieht auf dem Höhenrücken zwischen Dörsbach und Aar zum Lahnübergang Diez.
(Kemel lag im Spätmittelalter am Kreuzungspunkt vieler alter Höhenstraßen, wie auch die Homann’sche Karte des Taunus aus dem 17. Jh. zeigt: Bäderstraße nach Wiesbaden und Nassau (später ausgebaut zur “Napoleonchaussee”, heutige B-260), Eisenstraße nach Niederseelbach, sowie nach Diez.)
Huppert – Laufenselden – Reckenroth – Eisighofen und Dörsdorf werden östlich umgangen. Hier wird die Hessenstraße gekreuzt.
Vorbei an  Berghausen und Allendorf (zum Rindskopf).
Waldgebiet am Ergenstein, zwischen Katzenelnbogen/ Schönborn und Schloß Hohlenfels.
Über den Ergenstein trägt er den Namen Rintstraße.
Hügelgräber: Am Hühnerkopf, Tannenkopf und Schaumburger Wald. Birlenbach – Diez

4) Die “Bäderstraße” (Lahnstraße, B 260, Kemeler Straße (Nennung 812) schon vorher als Verbindung der Kastelle Marienfels, Holzhausen und Kemel mit Mainz genutzt.
Die Straße Wiesbaden – Hohe Wurzel – Bienkopf (mit Anschluß Eltville) – Kemel – Holzhausen a. d. H. – Singhofen – Nassau verläuft im wesentlichen im Zuge der heutigen “Bäderstraße”.

6) Frankfurter Straße (B 456) bis 1817 gebaut;
von Frankfurt nach Weilburg

7) Wäller Straße (Wellerstraße, Feuersteinweg)
Abzweig von 6) in Usingen nach Braunfels und Leun (Bielerburg?)

8) Rennstraße, von Königstein und Kronberg nach Weilmünster
auf dem Höhenrücken zwischen Ems und Weil. (“Hühnerstraße” II ist ein Zweig der Rennstraße, der sich bei Seelenberg wieder mit der Rennstraße vereinigt.)
Der Aufstieg begann am Sattel zwischen Glaskopf und Kl. Feldberg.
Weiterer Verlauf Eichelbacher Hof, Hasselbach, Haintchen, (Hessenstraße) Weilmünster (Anschluß nach Weilburg oder Aumenau)

9) Die “Alte Idsteinerstraße” (siehe rechts unten) geht im Tal von Wiesbaden-Sonnenberg (“Idsteiner Straße”) nach N, am BKA (Bundeskriminalamt) vorbei zum Bahnholz (Altes Krankenhaus). Am Punkt 282,6  schwenkt sie nach NW, verläuft dann aber östlich der Platte.
Der “Steinhaufen” (530,70) wird im O passiert. Nun trifft die Alte Idsteinerstraße auf die Trompeterstraße (Trompeterweg); der Berg “Trompeter” (= “Rassel”) wird ebenso wie die “Hohe Kanzel” westlich passiert. Am Sauwasen (heute “Wildpark”) trifft unsere Straße auf ein Wegekreuz, an dem noch (im Uhrzeigersinn) zusammenlaufen: Der Seelbacher Weg von Wehen, die Landstraße von Neuhof, die Landstraße zur B 275 auf die Höhe W von Eschenhahn, unsere Straße, nun weiter als Siebenküppelstraße, und die Landstraße nach Engenhahn-Dorf.
Der Siebenküppelweg bleibt auf der Höhe, geht W am Geierskopf vorbei (nahe der Kreuzung BAB und B275). An der Kreuzung BAB und Straße nach Oberauroff ging links die “Schwalbacher Straße” ab (über Ehrenbach nach Adolfseck).
Jetzt heißt unsere “Alte Idsteinerstraße” Alte Poststraße und verläuft am Westhang des Wörsbachtals am Waldrand, vorbei an Rügert, Rosenkippel und Nack und gabelt sich an der Saubrücke (eigentlich: “Saubruch”) W Wörsdorf.
Der Westzweig zieht über “Gebrannter Berg”, Wallbach und Hünerstraße weiter nach Limbach, Panrod und Rückershausen; der Ostzweig verläuft über Wörsdorf zur Hohen Straße.

10) Eisenstraße I (nicht in der Karte)
WI – Klarenthal (von der Lahnstraße (4) weggehend) – Altenstein -Eiserne Hand – Hahn –
Michelbacher Hütte – Anschluß Rintstraße (?)

11) Eisenstraße II (nicht in der Karte)
Niederseelbach – zwischen Engenhahn und Eschenhahn zum Zugmantel – zwischen Orlen und Hambach Richtung Steckenroth – Watzhahn – Born – Adolphseck

II. West – Ost – Verbindungen

Herausragend ist hier die

12) Hessenstraße (Kasseler Straße),
eine Verbindung vom Rhein zur Wetterau durch den Taunus. Sie verband die hessischen Residenzen am Rhein mit Niederhessen.
St. Goarshausen – Bogel – S Nastätten – Kastell Holzhausen – Rettert – Katzenelnbogen – Hahnstätten – Netzbach – Heringen – Neesbach – Dauborn – Niederselters – Haintchen – Laubuseschbach – Weilmünster – Einhaus – Möttau – Kraftsolms
Der ab Niederselters nach Osten in die Wetterau führende Teil wird auch “Sauerstraße”genannt, fuhr man doch allwöchentlich das Selterser Mineralwasser (in Tonkrüge abgefüllt) nach Büdingen (?).

5) Weg von Lorch aus auf dem Taunuskamm
Er hat in seinem Verlauf verschiedene Namen 7:
Er steigt bei Lorch steil durch die Weinberge (Kammerforststraße),
Mandelberg (Noth-Gottes-Weg), Zwölf Apostel, Kaufmannsweg übers Jägerhorn zur Eisernen Hand (die Bezeichnung kommt bei Wiesbaden ebenfalls vor und deutet auf einen eisernern Wegweiser hin).
Zimmersköpfe (als Rennpfad, Rennweg) nördlich um Stephanshausen herum, Sieben-Wegweiser, weiter (Hohe Straße) zur Mapper Schanze.
Der Torturm Mapper Schanze (19,1km) ist sichtbarer Rest der Rheingaubefestigung “Gebück”.
Hausen vor der Höhe, Richtung Bärstadt zum Dreispitz/ Galgenkopf.
Von hier aus gehen zwei Straßenzüge weiter nach Osten, der
Herzogsweg und der Rheinhöhenweg
(mit Abzweig nach Schlangenbad), die sich an der Eisernen Hand (Pass bei Wiesbaden nach Hahn) wieder vereinigen.

Die Rheinhöhenstraße im Mittelalter zu benutzen verboten die Fürsten, da der Verkehr sonst den Zöllen am Rhein entgangen wäre. Die hessischen, nassauischen und Mainzer Fürsten, die um ihre Einkünfte fürchteten, schlossen daher die Höhe durch das Rheingauer Gebück ab und drohten schwere Strafen an.
Dennoch hat sich die Höhenstraße gut erhalten, weil sie vermutlich im Frühmittelalter gut genutzt wurde. Man darf nicht vergessen, daß gerade dieser Rheinabschnitt mit den Stromschnellen am Binger Loch und den Felsen der Loreley, gefährlich und unbeliebt war.


August Gross 2 vermutet noch weitere W – O – Verbindungen:

a) Lausbuch’ (Hessenstraße) – Oberbrechen – Werschau – Nauheim – Mensfelden – Oberneisen – Lohrheim – Katzenelnbogen – Miehlen – Filsen -Kamp –  Kestert und St. Goarshausen.

b) Haintchen – Oberselters – Ohren – Burgschwalbach – Rückershausen – Dörsdorf – Holzhausen – Nastätten – St. Goarshausen

c) Haintchen – Schwickershausen – Bad Camberg – Beuerbach – Bechtheim – Ketternschwalbach – Panrod – Hennethal.

d) Brandoberndorf – Grävenwiesbach – Rod a. d. W. – Eichelbacher Hof – Dombach – Würges – Wallrabenstein – Wallbach – Limbach – Strinz-Trinitatis – Hennethal – Holzhausen ü. A. – Hohenstein – Kemel – Springen – Ransel – Kaub und Lorch.

e) Butzbach – Bannholz – Oberlauken – Kamberg bzw. Tenne – Esch – Idstein – Ehrenbach – Born – Bad Schwalbach – Niedergladbach – Preßberg – Lorch und Rüdesheim.

f) Butzbach – Usingen – Brombach – Seelenberg – Wüstems – Niederrod – Niedernhausen – Naurod – Bingert – Wiesbaden.


III. Andere Straßen

1.) Alte Butzbacher (Wetzlarer) Straße S – N
(im ersten Abschnitt bis Ockstadt: Weinstraße): Frankfurt – östlich Bad Homburg – Burgholzhausen – Oberrosbach – westlich Ockstadt – Ostheim – Butzbach – Wetzlar (oder Ostheim – Hochweisel nach Burgsolms)

2.) “Lange Meile” = Römerstraße von Nida (bei Eschersheim) zur Saalburg, vorheriger Verlauf: Kastel – Diedenbergen – Hofheim

3) Alte Wasserstraße (Sauerstraße?) auf Höhenrücken zwischen Lahn und Laubusbach
Ennerich – Villmar – Rothe Küppel (bei Wolfenhausen) – Laubuseschbach – zur Rennstraße (= Hessenstraße zwischen Haintchen und Weilmünster)
Abzweig beim Rothe Küppel nach N “Hohe Straße” zwischen Lahn und Weinbach nach Kirchhofen und Weilburg

4) Alter Stellweg von der Saalburg (Jupitersäule) zum Heidetränk-Oppidum (Goldgrube)
Stellweg (Jägerspr.), nach Grimms Wörterbuch ein “Waldweg, der mit Ziehwagen befahren werden kann und nebenbei noch Raum genug zum Aufstellen der Zeuge gewährt.”

5) Metzgerpfad N – S
(Fuß- und Arbeitsweg vom Anspacher Raum zu den Mühlen, Spinnereien, Schmieden und Hämmern im oberen Urseltal bis zur Hohemark)
Stahlhainer Mühlen/Anspach – Kastell Heidenstock – zwischen Goldgrube und Kaltem Wasser ins Urseltal

6) Kohlenstraße N – S
Vom Hinterlands Wald (Landswald, ?Rhingkerwald?) südlich des Wispertals  über Gerolstein, Welterod, Nastätten, Rettert nach Katzenelnbogen

7) Klosterstraße O – W
Wallfahrtsweg vom Kloster Arnstein zum Rheingau
Arnstein – Nastätten – Diethard – Kloster Schönau, Geroldstein – Stephanshausen – Weißer Turm im Landswald – Rheingau
Übernachtet wurde in der Vogtei Schönau und in Lipporn, Strüth und Welteroth. 1803 wurde das Kloster Schönau aufgehoben, die Prozessionen endeten.

8) Diebswege
Uralte Straßen, die durch Einführung von Zollstellen ihre alte Bedeutung eingebüßt hatten; “Zollsparer” benutzten diese.

9) Fürstenweg (= “Firstweg”),
bei Idstein; Weg auf dem Bergrücken zwischen Idstein und Bermbach, Verbindung zwischen Escher und Heftricher Straße

10) Hermannsweg O – W
zwischen Hennethal und Oberauroff

11) Alte Usinger Straße Esch – Wetterau
Esch – Steinfischbach – Tenne – Pfaffenkopf – Landsteiner Mühle – Merzhausen – Usingen

Quellen:

1) Alfred, Kurt
Doktorarbeit, Zur Geschichte von Straßen und Verkehr im Land zwischen Rhein und Main, Offenbach-Bieber 1956 HstA WI Gw 930

2) Gross, August
Die alten Straßen des Taunus,
Heimatjahrbuch des Untertaunus, Jahrgang 1963, S. 59 ff

3) Jäger,  Helmut
Verlassene Straßen im heutigen Landschaftsbild.
In: Kosmos, Handweiser für Naturfreunde, Jg. 50. Stuttgart 1954

4) Kopp, Klaus
Verkehrswesen im alten Nassau, Nr. 17 der “Heimatgeschichtliche Manuskripte” des
Diedenberger Heimatgeschichtvereins e. V., (S. 293 ff), 1981

5) Landau, Georg
Beiträge zur Geschichte der alten Heer- und Handelsstraßen in Deutschland, (Nachdruck, Kassel 1958, Hessische Forschungen zur geschichtlichen Landes- und Volkskunde, Band 1), Zweiter Abschnitt: Straßen von Mainz und Frankfurt nach Leipzig
Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte 1 (1856)

6) Seibert, F.
Nassovia No. 2, 1900 S. 96 ff und S. 111

7) Webseite “Taunusreiter” (taunusreiter.de/Altstrassen_Taunus)
Kontakt: Frank.Mechelhoff “at” gmx.de