Deninger

Das also war Deningers neue Fertigkeit, die Herstellung von Saffianleder (siehe Kasten unten):
Ein geheimnisvoller Name,  “Saffian”, und  eine fremdartige Pflanze namens “Sumach”, von weither importiert!

Saffianleder (nach der Stadt Safi), auch Maroquin, Marokkoleder: Das unter Verwendung von Sumach (Rhus) vegetabil gegerbte Ziegenleder mit einem natürlichen, charakteristischen Narbenbild.
Der sogenannte Sizilianische Sumach diente mit seinen Blättern seit der Antike zum Gerben von Leder und als Haarfärbemittel.

Deningers  Weg nach Idstein war ziemlich verschlungen:
1789 zog er nach Streit mit dem Vater als 18jähriger aus seiner Heimatstadt Weyersheim im Elsaß aus. In Hagenau lernt er das Gerberhandwerk, geht dann auf Wanderschaft, nach Straßburg, Nancy und Bingen. 1792 entzieht sich Deninger dem französischen Militär durch Landeswechsel. Er arbeitet in Ettlingen, Stuttgart und Ulm, besucht die Schweiz, bleibt ein Jahr in Württemberg und muss dann, 1794, vor den Franzosen flüchten. Desertion konnte damals den Kopf kosten!
Dann Straubing, Wien. Dort lernt er einen Ungarn kennen, einen Gerbermeister. Das Saffiangerben vervollkommnet er in Stuhlweißenburg, später in Stadtteilen von Budapest, in Pest und Ofen.
Das hat doch etwas: Als deutschsprachiger Franzose das Gerben von Marokkoleder nach türkischen Rezepten von einem Ungarn lernen!
Prag, Böhmen, weitere deutsche Städte, ein fast selbstmörderischer Besuch im Elternhaus und schließlich Frankfurt am Main bringen im Jahr 1798 Ruhe in sein Leben. Er lernt in Frankfurt C. C. Michel kennen, folgt diesem nach Idstein und wird bald Familienmitglied. Deninger und Michel richteten sich in der Schulgasse ein.
Die Mencke’sche Hofreite wurde als Wohnung genutzt, links daneben wurde das Gerberhaus errichtet.


oben: rechts die Menke’sche Hofreite. Sie wird 1856 abgerissen.
rechts:Das Gerberhaus von Michel und Deninger mit der typischen Dachform, unten schon beim Umbau (1933) zur Gastwirtschaft und Wohnhaus. Der eigentliche Keller wird von Karl Baumann 1847 aus dem Felsen getrieben.
1903 übernimmt Heinrich Klein das Anwesen. 1910-1912 wird an die Ex-Gerberei ein einstöckiger Vorbau angefügt und der Eingangsbogen zur Gerberei freigelegt.


rechts: Der Ausschnitt aus einer Ansichtskarte des Ateliers Leidner zeigt den flachen Anbau.

links: Brauerei Baumann in altem Zustand. Der Eingangsbogen zur Gerberei wurde türkis angedeutet.

unten:
Der Eingangsbogen der Gerberei, nun im Restaurant befindlich

Deninger verlegte seinen Betrieb und Wohnsitz 1811 nach Mainz, C. C. Michel folgte 1816. Bis 1827 war F. X. Deningers jüngster Sohn Peter Vertreter der Firmeninteressen in Idstein.
Hermann Deninger, ein Großneffe von Franz Xaver, begründete 1880 die Lederindustrie in Lorsbach.
1834 übergab F. X. Deninger die Firmengeschäfte in Mainz. Er starb 1849.
Die Idsteiner Einrichtungen Deningers wurden von Landauer übernommen. Die neue Firma siedelte bald in den Bereich zwischen Löhergasse und Rodergasse um.