Escher Straße

Diese Straße ist die Verlängerung der Weiherwiese stadtauswärts nach Süden.
Doch um nach Esch zu kommen, muss sie einen Halbkreis machen, um Höhe zu gewinnen, da das nordöstlich von Idstein gelegene Esch im Emsbachtal nur über den Escher Kopf zu erreichen ist.

(Die eigentliche Südverlängerung führt über den Dasbacher Kopf westlich an Dasbach und Oberseelbach vorbei, kreuzt die Wasserscheide Lahn-Main, folgt dem Daisbachtal nach Niedernhausen, um dann in Eppstein mit dem Talzug des Dellenbachs-Dattenbachs-Schwarzbachs sich zu vereinigen.)

Der alte Teil des U-Stücks am Anfang ist verkehrsberuhigt, die neue Kurve ist weiter südlich. Der Autofahrer sieht deshalb nur schwerlich die zwei hier vorgestellten Bauten: Das Privathaus des Steinmetzes Link (1) und das Wasserhäuschen (2).
Am östlichen Kurvenende der Escher Straße biegt rechts die Schützenhausstraße ab, benannt nach dem 1903 errichteten Vereinshaus der Idsteiner Schützen; dieses wird heute gastronomisch genutzt.
Über die Schützenhausstraße gelangte man nach Dasbach und – am Grillplatz “An den Drei Eichen” abzweigend – über die Alteburg nach Heftrich.

unten links und rechts:
Haus des Steinmetz’ Link von 1904


oben: Haupthaus mit steilem Giebel; am Parterrefenster zwei Konsolsteine, die – vom Idsteiner Bildhauer Abt gefertigt – realistische Porträts der Links zeigen (unten).


oben: Querbau (Zwerchhaus) von Westen; der Schweifgiebel zeigt in der krönenden Haube die Steinmetzzeichen. Im Flachbau davor die Werkstatt.

unten: zweimal das Pumpwerk Escher Straße von 1902, einmal mit dem jungen Otto Schütz, der sich auf einer Pferdekoppel oberhalb Link befindet, das andere Mal als Bauzeichnung.

Das Pumpwerk hob das Wasser der neugefassten Himmelsbornquelle, die rechts des Wegs Schützenhaus-Grillplatz “Drei Eichen” lag.



unten:
Handwerk und Dienstleistung; der Malerbetrieb Schlotter (3 auf obenstehender Skizze) und das “Sargmobil” der Firma Michel (4).

Bevor der Lauf der Straße den Tiergarten erreicht, geht rechts (der alte) Bermbacher Pfad (jetzt “Steinkaut”) ab, an dem der Turnplatz von 1845 (!) liegt, kaum beachtet.
Vom Pfad geht der Blick über die Häuser der Kreuzgasse auf die Altstadt. Im Hintergrund grüßen (von links) Geyerskopf, Rügert, Rosenkippel und Nack (Postkarte Klement, gelaufen 1906).


Klement-Karte von 1907

Lange Zeit war nicht klar, wo sich denn die “Sommerwirtschaft mit Kegelbahn” der Brauerei Merz befände (oben). Erst ein Glasplattenfoto aus dem Besitz der Familie Münster, Kreuzgasse, brachte Klarheit (rechts): Das Gebäude liegt am jetzigen Kreisel außen an der ”Krankenhauskurve” (Skizze, Nr. 5)!

Das Krankenhaus an der Heftricher Straße hat eine eigene Seite. Von ihm hat man einen herrlichen Blick auf Alt-Idstein. Links und rechts vom neuen Kreisel stechen markant hervor die zwei ehemaligen Forsthäuser, das Gebäude der Oberförsterei Wörsdorf (6, unten) und das der Oberförsterei Idstein (7, rechts), beide um 1912 erbaut.

Im Süden Erker mit Haubendach und Fledermaus- gaupen, im Norden (Bergseite) Schleppgaupe über dem Eingang.

Im Garten der Oberförsterei stand hinter dem Hauptge- bäude eine Linde auf einer Anhöhe, mit der eine wahre Geschichte verbunden ist.


Warum der etwa gleiche Ort (oben) “Helenruh” genannt wird, konnte noch nicht geklärt werden.


Walmdach mit Mansardstockwerk, verschiefert; breite Giebelgaupe. Hauptgeschoss mit Erkern an der Ecke und einem zentrierten Holzbalkon.

Am 9. Oktober 1877 hat Feldmarschall Graf Moltke Idstein besucht.
Dem “Idsteiner Anzeigeblatt” konnte man entnehmen:
(Nr. 81 vom 10.10.)
“Heute gegen Mittag ist der Feldmarschall Graf Moltke mit dem Generalstab auf einer Inspektionsreise dahier eingetroffen und hat Wohnung bei dem Fabrikbesitzer Herrn Landauer genommen. Jedenfalls werden die Vereine und die ganze Bürgerschaft dem berühmten Feldherrn auch hier ihre Verehrung darbringen, wenn auch in einfacher Weise, da unserer kleinen Stadt keine großen Mittel zu Gebot stehen.”
(Nr. 82 vom 13.10.)
“Feldmarschall Graf Moltke hat unsere Stadt heute wieder verlassen. Am Dienstag Abend brachten ihm die verschiedenen Vereine ein Fackelständchen, wobei sich der verehrte Mann bei den Vorständen persönlich bedankte und seine Zufriedenheit über den Empfang in hiesiger Stadt aussprach. Wie wir hören, hat derselbe am gestrigen Tage von dem hiesigen Schlosse Einsicht genommen und auch die Lederfabrik des Herrn Landauer besucht”.
Max Kirmsse (auf dessen Zeitungsartikel von 1937 hier Bezug genommen wird) konnte noch Zeitzeugen befragen: Lehrer i. R. Müller, Werkmeister K. Bassing, Lehrer i. R. Guckes (Bad Ems), Fabrikbesitzer Landauer und den Landwirt H. Greuling.
So kann der Tag der Ankunft ausführlicher geschildert werden:
Von Oberseelbach jagt ein Reiter in Preußischer Uniform die Landstraße nach Idstein hinunter. Danach ein langer Zug deutscher Soldaten in Uniformen aller deutschen Waffengattungen. Zunächst einen Abteilung Dragoner, auch Trompeter sind dabei. Dann folgt einen hohe, ernste Persönlichkeit in schlichter Uniform, das graue Haupt bedeckt mit einer schlichten Feldmütze. Moltke ist mit anderen Offizieren auf Besichtigungstour im Westen Deutschlands. Sein Alter von 77 Jahren ist ihm kein Hindernis.
Zur Seite, rechts und links, reiten zwei jüngere Offiziere, die dem älteren Reiter in der Mitte unverkennbar ähnlich sehen. Es waren die Neffen Moltkes.
“Hoch Moltke! Hurra! Hurra! Moltke, der große Held ist da!”, so wird der Sieger von Sedan und Paris und anderer Schlachten des Krieges von 1870/1871 begrüßt.
Auf der Obergasse läuft der Veteran eben dieses Feldzugs, der Artillerist Karl Vetter, neben dem Reiterzug her. Der wegen Tapferkeit mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse Ausgezeichnete wird auf dem Marktplatz von Moltke wiedererkannt und mit Handschlag begrüßt.
Moltke nimmt Quartier im “Gasthaus zum Riesen”, das dem Fabrikanten Landauer († 1887) gehört. Beim Pfeiferauchen im Garten, der an den Tiergarten grenzte, kam Moltke auch durch die Gartenpforte in den Tiergarten. Er stieg den Weg zur nahen Linde hinauf, um auf der sie umgebenden Rundbank Platz zu nehmen. Diese Linde, im Garten der Oberförsterei Idstein stehend, heißt seitdem “Moltkelinde”.

Geht man hinter den Forsthäusern weiter Richtung Esch komm gleich hinter der Kurve, die die Straße nach Osten dreht, rechterhand der Judenfriedhof (9).

Auf die gegenüberliegende “Lore-Bauer-Halle” (8) wird man noch zurückkommen.