Turnerische Grundbegriffe

Bedeutung einiger turnerischer Begriffe

BARLAUF (auch: Barrlauf)
= “zu den Grenzlinien laufen” (Mannschaftsspiel der Turner); wurde noch in den 1950ern an hessischen Volksschulen gespielt.
BARREN
Barre (1200) frz.: = Schranke
Buschhecke > Heckenzaun > Zaun > absperrender Balken
Als Turngerät 1812 von Jahn entwickelt; ursprünglich waren es zwei Schlagbäume (= Barren); die Einzahl “DER Barren ist aus DIE “Barrenschwingel”(zwei, Mehrzahl) gebildet.

GUT HEIL
Der Turner Gruß “Gut Heil” stammt nicht von JAHN, sondern kam aus Plauen im Vogtland, wo Otto Leonhard HEUBNER, Sachsens Turnvater, beim Gutenbergfest 1840 zusammen mit der Einweihung des allgemeinen städtischen Turnplatzes eine Rede hielt und darin das “Heil” gebrauchte, was GUSTAV FINKE 1843 bei der Gründung der TG Plauen zum Gut Heil anregte (SCHEITLER, in: DTZ, 1879, S. 179).
Der Gruß breitete sich schnell aus, denn auf dem ersten schwäbischen Turnfest in Tübingen 1845 wurden die ankommenden Turner mit Gut Heil begrüßt, und auch den Siegern erscholl dieser Ruf.
zitiert nach Prof. Dr. Harald Braun: “Der Turner/-innen Gruß und Symbol”
aus: jahn-museum.de/texte/reporte/reporte.html (www. voranstellen)

GYMNASTIK
“gymnos”(griechisch) = nackt; das Gymnasium war bei den alten Griechen der öffentliche Platz, auf dem nackt Leibesübungen gemacht wurden.
Später war das Gymnasium der Versammlungsplatz der Philosophen; in diesem Sinn wurde es dann um 1250 von den Gründern der ersten Universitäten benutzt.
Seit 1501 dann für Lateinschulen verwendet. Das Wort taucht heute, aus den U.S.A. kommend, wieder verstümmelt in Deutschland auf: Das “Gym” ist jetzt ein Fitnessstudio mit angeschlossenem Kraftraum.

SPORT
mittellateinisch: “disportare” = sich zerstreuen, vergnügen;
auch dort: se disporter (frz.) = disport (eng.);
Fürst Pückler-Muskau: “sportsman ist ebenso unübersetzbar wie gentleman ” (1828).
J.G.Kohl 1844: “Die Sports….wir haben für dieses Wort keine Entsprechung und sind daher fast gezwungen,es in unsere Sprache aufzunehmen” (Ab ungefähr 1860 eingebürgert).

RECK
Gestell mit waagrechten Stangen; lange dünne Stange oder Latte, um etwas dranzuhängen.
1816 von Jahn in die Turnsprache eingeführt.

SCHWINGEL
Lange vor dem Aufkommen der Turnkunst und schon im Altertum waren Nachbildungen des lebendigen Pferdes im Gebrauch zu Vorübungen des Reitens, insbesondere des Auf- und Ab-sitzens; so bei der römischen Reiterei und im Mittelalter zur Ausbildung ritterlicher Fertigkeiten.
Unter Friedrich Ludwig Jahn, dem so genannten “Turnvater”, wurden sie dann in die Turnkunst übernommen und hier entsprechend weitergebildet und bezeichnet.
Jahn nannte die Übungen Schwingen und das Gerät danach Schwingel. Auch der zu verwandten Übungen gebrauchte Bock stammt aus Jahns Zeit.
Später wurde die Bezeichnung “Pferd” wieder gebräuchlich.

TIE
Dieser Begriff wäre völlig in Vergessenheit geraten, wäre nicht ein Raum unserer alten Turnhalle bis zum Abriss “Tiezimmer” genannt worden. Der Versammlungsraum lag gegenüber des Schankraums und hatte ungefähr dieselbe Grundfläche. Wie fest verankert muss das Jahn’sche Gedankengut noch in den 1890ern, beim Bau der Halle, gewesen sein, dass man einen Raum nach dem “Tie” benannte. Lassen wir den Begriff von Jahn selbst erklären:
Der Turnplatz ist kein Drillort, und kann also nicht von Schulsteifheit starren. Bei den Übungen selbst darf ausdrücklich nichts anders von den Turnern gesprochen werden, als was zur Sache gehört. Dafür muß aber natürlich jeder Turnplatz einen der Größe der Turnanstalt angemessenen T i e haben.
Der Tie ist Versammlung-, Erholung-, Unterhaltung- und Gesellschafts-Platz. Schattenbäume müssen ihn umgeben. In der Mitte muß eine etwas erhabene D i n g s t a t t sein, und ein

D i n g b a u m, woran an einem schwarzen Brette die Turngesetze und andere Dinge zu lesen.
Von der Dingstatt herab wird den Turnern das Nöthige bekannt gemacht. Hier werden die neuen Turner eingeschrieben, und die etwanigen Händel geschlichtet. Hier sind die Anzeigetafeln von verlornen und gefundenen Sachen. Hier hangen die Gesetze. Hier ist das Tagebuch. Hier ist die Glocke oder ein ähnliches Werkzeug, womit man die Turner zusammenruft.
Auf dem Tie stehen Bänke zur Bequemlichkeit der Turner, wo sich die eben Angekommenen ausruhen, die Turnmüden erholen und die Freunde gegenseitig etwas mittheilen können. Hier werden mancherlei Geschäfte abgemacht. Hier ist fröhliches Gespräch, munterer Scherz, jugendlicher Witz und Gesang. Hier einzig und allein darf auf dem ganzen Turnplatz nur gegessen und getrunken werden.
Dafür kann auf dem Tie schlechterdings keine Turnübung Statt finden. Auf dem Turnplatze wird nur trocken Brot gegessen und Wasser getrunken. Wem trocken Brot nicht mundet, hat keinen Hunger, und kann füglich warten, bis er nach Hause kommt. Wen Wasser nicht erquickt, hat entweder keinen Durst, oder noch nicht lange genug geturnt, vielleicht auch sich überhaupt zu wenig in freier Luft bewegt.


TURNEN
1811 von Jahn als Ersatz für Gymnastik genommen.
“turnen” = althochdeutsch für “wenden” (bei Notker Balbulus)
Turner = junger Soldat; Turnier (1650): = ritterliches Kampfspiel (Moscherosch).