Modernes Krankenhaus entsteht

In den vorstehenden Kapiteln wird bereits die Erweiterung des Idsteiner Hauses erwähnt, für die man vor einem halben Jahrhundert durch vernünftigen Grundstückkauf schon die Voraussetzungen schuf. Konkret wurden die Planungen im Sommer 1953, wie eine Aktennotiz über die Besprechung in Idstein am 27. August ausweist, in der im Anschluß an eine Besichtigung des “Altbaues” die weitere Entwicklung des Krankenhauses erörtert wurde.

Teilnehmer waren Kreisarzt Medizinalrat Dr. Günther Schimmelpfennig, Chefarzt Dr. Gerhard Rieck, Kreisbaumeister A. Linker, Kreisinspektor Heinz Kling und der mit der Planung beauftragte Wiesbadener Architekt Martin Braunstorfinger mit zwei Mitarbeitern. Dr. Rieck erläuterte, daß bei dem Krankenhaus-Erweiterungsbau vorwiegend an eine chirurgische Klinik gedacht ist mit einer Frauen- und einer Männerstation mit insgesamt 60 Betten sowie einer kleinen Entbindungsstation mit etwa fünf bis sechs Betten.

Der Betten-Trakt soll bautechnisch so sein, daß jederzeit ein drittes Geschoß aufgestockt werden kann, in dem gegebenenfalls eine Interne Station unterzubringen ist. Für die Aufteilung der Zimmergrößen wurde der Vorschlag des Architekten angenommen, zwei 6-Bett-Zimmer, vier 3-Bett-Zimmer und drei 2-Bett-Zimmer zu installieren, letztere so, daß sie auch als 1-Bett- oder 3-Bett-Zimmer Verwendung finden können. Außerdem erhält jede Abteilung ein kleines Isolierzimmer.

Die Wochenstation soll enthalten: ein Entbindungszimmer, ein Säuglingszimmer mit kleinem Bad, ein 3-Betten-, ein 2-Betten- und ein 1-Bett-Zimmer. Von einem Isolierzimmer für infektiöse Entbindungen wird Abstand genommen. Eine Abteilung für infektiöse Erkrankungen soll ebenfalls entfallen. Die Röntgengruppe ist nur für das Haus gedacht; desgleichen auch das Labor.

An medizinischen Bädern ist erwünscht: eine Unterwassermassage, ein Kohlensäurebad, ein Sitzbad und ein Massageraum. Weiterhin soll ein Raum für das Kurzwellengerät und ein Raum für Lichtbäder vorgesehen werden. Von dem Raum für Endoskopie und Zystoskopie wird Abstand genommen. Diese Arbeiten sollen im OP durchgeführt werden. Raum für das EKG entfällt.

Der Leichenaufbewahrungsraum soll möglichst ins Haus kommen. Auf einen Sezier- und Aufbahrungsraum wird verzichtet.

An Personal ist unterzubringen: 1 Oberschwester, 15 Krankenschwestern (möglichst 2-Betten-Zimmer), 1 technische Assistentin, 4 bis 6 Mädchen (mögl. 3-Betten-Zimmer), 1 Bereitschaftsraum für den Pfleger.

Architekt Braunstorfinger legte im März 1954 die entsprechenden Pläne für den Erweiterungsbau vor, am 11. Oktober gleichen Jahres fand im Rahmen einer Feierstunde die Grundsteinlegung und bereits am 18. Dezember 1954 das Richtfest statt. Bei der Grundsteinlegung betonte Landrat Dr. Otto Vitense, daß “zu dieser Stunde die Mitglieder des Kreisausschusses ein berechtigter Stolz erfüllt, denn als man dieses Projekt in allen Einzelheiten mitsamt der Gründung des Krankenhaus-Zweckverbandes erwog, glaubten nicht viele Menschen an einen Erfolg”. Der Grundstein ist im Untergeschoß im letzten Raum des Hauses zum Tiergarten hin eingemauert. 1988 berichtet die Idsteiner Zeitung über das ungewöhnliche Hobby des Maurers Walter Hartmann (ehemaliger Küster der evangelischen Kirchengemeinde) Botschaften für künftige Generationen zu verstecken. Eine dieser Botschaften sei auch im Idsteiner Krankenhaus versteckt. In einem persönlichen Gespräch teilte er mir 1996 in Erinnerung an die Bauarbeiten der Firma Tappe mit, Herr Dr. Rieck habe einst zu ihm gesagt, “wenn das Krankenhaus fertig ist, operieren wir deine Krampfadern”. Er müsse zugeben, das Krankenhaus sei lange fertig, aber die Operation habe bis heute noch nicht stattgefunden.

Für den Neubau waren zwei Bauabschnitte vorgesehen: im ersten wurde der neue Baukörper geschaffen, im zweiten der alte Trakt umgestaltet. So ist es zu verstehen, daß es noch bis zum 3. Mai 1956 dauerte, daß in einem vom Aar-Kurier “Feierliche Weihestunde” genannten Festakt das neue Kreiskrankenhaus seiner Bestimmung übergeben werden konnte. Über den Bau und die Einweihung informieren die Zeitungsartikel, des Aar-Kurier und der Idsteiner Zeitung, die hier im Faksimile aufgenommen sind.