Krankenhaus feierlich eingeweiht

Am 12. Februar 1905 war es nach Jahren der Planung und der Bauarbeiten so weit: das Krankenhaus konnte feierlich seiner Bestimmung übergeben werden. Zuvor waren allerdings noch einige Formalitäten zu regeln. Am 26. Januar befaßten sich die Stadtverordneten unter anderem mit dem Erlaß einer Verwaltungsordnung, die der Magistrat am 8. Februar  verabschiedete. Schon am 3. Februar tagten die Stadtverordneten erneut. Sie genehmigten “die Überschreitungen des Kostenanschlags des neuen Krankenhauses”, die durch Vergrößerung des Baukörpers und zusätzliche Einrichtungen bedingt waren. Die Gesamtkosten waren auf 79.800 Mark gestiegen, von denen 10.800 auf den Bauplatz entfielen. Das bedeutete, daß 41.514 Mark durch Anleihe zu decken waren. “Nach längerer Debatte” stimmten die Stadtverordneten mehrheitlich zu (46).

Zugleich nahm das Gremium die vom Magistrat beschlossene Verwaltungs-Ordnung an, die am Tag der Einweihung des neuen Krankenhauses in Kraft trat. Die aufschlußreichen Informationen sind hier in Form des Zeitungsberichtes wiedergegeben. Die geradezu “sagenhaften” Kosten sind allerdings im Vergleich zum damaligen Verdienst zu sehen! Vor der Sitzung besichtigten die Stadtväter den Neubau. Am Sonntag zuvor, dem 5. Februar 1905, hatte die Stadtverwaltung die Einwohnerschaft zur Besichtigung eingeladen, und diese machte laut Pressebericht “recht regen Gebrauch” von dem gestatteten Besuch: “Scharenweise  pilgerte man nach dem nun vollendeten Bau, um Einsicht zu nehmen von den schön ausgeführten Einrichtungen”. So nahmen zuerst einmal viele Gesunde “Besitz” vom Krankenhaus!

Über die Einweihungsfeier und den Bau berichtete die Idsteiner Zeitung ausführlich, wie aus den im Faksimile hier abgedruckten Beiträgen zu ersehen ist. Mit der Inbetriebnahme des Krankenhauses waren die schwierigen, für die städtischen Gremien in besonderem Maße verantwortungsvollen und arbeitsreichen Jahre zunächst vorbei. Im folgenden knappen Jahrzehnt gab es zwar manche Meldung und Information in der lokalen Presse über die Tätigkeit, Kosten, personelle und sonstige verwaltungsmäßige Angelegenheiten, doch es waren durchwegs für den Ablauf des Betriebs ausgesprochen “normale” Vorgänge, wie die hier aus der Idsteiner Zeitung abgedruckte Auswahl zeigt.
Aus der Berichterstattung der Heimatpresse ist auch zu schließen, daß die Einwohnerschaft nach der Bauphase und Einweihung weiter regen Anteil am Geschehen im neuen Krankenhaus nahm. Darüber hinaus war die beispielgebende Errungenschaft bald das Ziel zahlreicher auswärtiger fachlicher Interessenten, die zum Teil vor der gleichen Aufgabe standen und sich hier informierten, wie es die Idsteiner in der Planungszeit anderenorts auch taten. Das alte Hospitalgebäude sollte, wie die Stadtverordneten am 3. März 1905 beschlossen, “zu städtischen Zwecken benutzt, der untere Stock vermietet und im Übrigen zu Wohnungen für städt. Arme gebraucht werden”.

Daß die Idsteiner Stadtväter in der gleichen Sitzung beschlossen, für das Krankenhaus “einen Hauptanschluß an das Telefonnetz herstellen zu lassen”, stellt ihnen ein gutes Zeugnis aus. Hatten sie doch damit erkannt, daß die Möglichkeit,  per Telefon Hilfe anzufordern, eine Grundforderung für eine wirkungsvolle ärztliche Versorgung ist. Zugleich war der Beschluß ein erneuter Beweis für die Fortschrittlichkeit des Gremiums: Im gesamten Deutschen Reich hatten im Jahre 1902 (neuere Zahlen vor 1905 lagen dem Verfasser nicht vor) gerade 2369 der rund 79.000 Orte Fernsprecheinrichtungen mit 265.000 Teilnehmer-Haupt- und weiteren 72.000 Nebenanschlüssen (40). Damit entfiel auf 142 Einwohner eine Sprechstelle. Die Idsteiner Zeitung war Ende 1902 gerade unter Nr. 11 angeschlossen worden. Daß Idstein unter dem statistischen Durchschnitt lag, ist im Übergewicht von Berlin mit allein 56.000 Anschlüssen sowie Köln, München und Stuttgart begründet. Im gesamten Untertaunuskreis waren Ende 1905 erst 47 Gemeinden ans Telefonnetz angeschlossen, vier weitere waren für 1906 vorgesehen! Bereits Mitte März 1905 wurde das Krankenhaus unter Nr. 19 an das Telefonnetz angeschlossen. Wie langsam die Entwicklung im hiesigen Raum verlief, zeigt sich daran, daß erst acht Jahre später, 1913, mit Nr. 24 für die Landwirtschaftliche Winterschule fünf Anschlüsse mehr geschaffen waren.