Wandel bahnte sich an

Zwar erschien ab September 1948 mit dem „Mitteltaunus-Anzeiger“ wieder erst zwei-, dann nur noch einmal wöchentlich eine regionale Zeitung, aber nur im „Kleinformat“ mit wenigen Seiten. Dennoch findet man auch einige Informationen zum Krankenhaus. Sie lassen darauf schließen, daß der Betrieb reibungslos funktionierte. Da wird im Januar 1949 die Einstellung einer Krankenpflegeschwester inseriert, dann geht es um Neufestsetzung der Besuchszeiten und die Besetzung des Ausschusses für das Städtische Krankenhaus. Hier wählten die Stadtverordneten am 17. März 1949 Karl Reichert (CDU), Elisabeth Charlotte Rosenthal (SPD), Dr. Martin Seeliger (FDP) sowie als Berater Daniel Heuchemer, Theresia Etzel, Hans Löser, Ernst Feix und Theodor Poprawski.

Berichtet wird wieder von Unfällen, als deren Folge die Einweisung ins Idsteiner Krankenhaus nötig wird. Auch die Belieferung mit Lebensmitteln wird wie früher ausgeschrieben. Aufschlußreich sind die in der Haushaltssatzung 1949 der Stadt Idstein vorgelegten Zahlen: Einnahmen des Krankenhauses von 30.850 DM standen Ausgaben von 39.000 DM gegenüber; mithin war ein Zuschuß von 8.150 DM zu leisten (im Jahr zuvor über 6.000 DM). Stutzig macht bei gleicher Gelegenheit die Feststellung, leider seien „die 20 Betten nie voll belegt“. Zwar konnte der Bürgermeister im Oktober 1949 berichten, das Haus sei „erfreulicherweise schon seit einigen Wochen voll belegt“, doch war dies nur eine „Scheinblüte“, die im Juni 1951 sehr deutlich korrigiert wurde: die Betten seien „im Jahresdurchschnitt gesehen, zur Zeit nur zur Hälfte belegt“. Dagegen stieg die Einwohnerzahl Idsteins von 4.244 bei Kriegsbeginn 1939 durch Ausgebombte, Evakuierte, Flüchtlinge und Heimatvertriebene auf 7.412 Ende 1949, und da die Gemeinden im Einzugsbereich ebenfalls zunahmen, rechnete man im März 1951 mit etwa 25.000 Menschen „in der östlichen Kreishälfte, für die es gilt, ein leistungsfähiges Krankenhaus zu schaffen“ (71).

Im letzten vorstehenden Satz kommt schon das damalige Problem des Idsteiner städtischen Krankenhauses zum Ausdruck: Das Krankenhaus war den Anforderungen nicht mehr gewachsen, ein neues war „zu schaffen“. In der Kreistagssitzung am 11. Juni 1951 hieß es dazu: „Die Gründe für die Unterbelegung sind vor allem darin zu suchen daß das Haus unmodern ist, daß kein festangestellter Arzt im Hause greifbar ist, daß die Warmwasserversorgung nicht in Ordnung und die gesamte technische Ausrüstung veraltet ist“. Zwar war Dr. Paul Cohaus dem Titel nach „Chefarzt“, konkret jedoch einer der acht Belegärzte (72): neben ihm Dr. Kuno Graebe, Dr. Raimund Hartje, Dr. Peter Loch,  Dr. Martha Merz, Dr. Martin Seeliger, Dr. Albert Weber und Dr. Gerti Wolters.

Ein entscheidender Wandel bahnte sich bereits im Jahr zuvor an: 1950 wurden von der Stadt Idstein erste Verhandlungen mit der Kreisverwaltung wegen Übernahme des städtischen Krankenhauses durch den Untertaunuskreis geführt. Sie blieben noch ohne konkretes Ergebnis, doch als am 31. März 1951 Oberschwester Ella Ingerfurth nach über 35 Jahren segensreichen Wirkens in den Ruhestand trat, wurde die Frage der Trägerschaft in Zusammenhang mit einer Neubesetzung der Stelle wieder akut. So kamen die beiden über das Schicksal der zu jener Zeit fast ein halbes Jahrhundert bestehenden städtischen Einrichtung entscheidenden Sitzungsdaten nicht zufällig, sondern waren logische Folge einer nach der Währungsreform einsetzenden, immer rasanteren Entwicklung.

Nachdem Idsteins Magistrat sich im März 1951 einstimmig grundsätzlich für eine Übergabe des Krankenhauses an den Untertaunuskreis entschied, über die Verkaufsbedingungen verhandelte und auch der Hauptausschuß am 19. April zustimmte, stand das Vorhaben am 26. April 1951 auf der Tagesordnung der Stadtverordnetensitzung. Im einleitenden Referat stellte der seit 6. Dezember 1948 amtierende Bürgermeister Willy Schreier fest (73), das 1903 konzipierte Krankenhaus sei „damals zweifellos eine kommunalpolitische Leistung“ gewesen: „Gemessen an der damaligen Krankenfürsorge und der Einwohnerzahl war es zweckmäßig gebaut und ausreichend“.

Schon nach dem Ersten Weltkrieg habe es „jedoch der technischen Entwicklung nicht mehr standgehalten und manches wurde nicht so modernisiert wie es hätte sein sollen“. Zwar seien „Krankenanstalten immer Zuschußbetriebe“, doch auch nach einem Fachgutachten über Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bleibe der Magistrat „bei dem Entschluß, das Krankenhaus an den Kreis zu verkaufen“ Schreier führte als weiteren Grund an, „weil der Kreis in der westlichen Kreishälfte ein Kreiskrankenhaus (in Bad Schwalbach) geschaffen hat“, sei es „daher nicht als unbillig anzusehen, wenn auch in der östlichen Kreishälfte ein solches eingerichtet würde“. Ein weiterer Grund war die Tatsache, daß die Mehrzahl der Patienten aus Gemeinden der umliegenden Orte komme, so 1949 aus Idstein 158, aus den Nachbargemeinden 177 und 1950 aus Idstein 174 und anderen Orten 210 Patienten. Nach Darlegung des Übernahme- und Kaufvertrages sowie der Aussprache stimmten die Stadtverordneten einstimmig den Vertragsentwürfen zu.

Die letzte Entscheidung hatte der Kreistag zu treffen, und sie fiel, nachdem der Kreisausschuß schon zuvor zugestimmt hatte, in der Sitzung vom 11. Juni 1951. Die Mitglieder des Kreistages sahen die Möglichkeit, durch eine Reihe von Maßnahmen die Situation zu verbessern, wobei sich insbesondere die Idsteiner Abgeordneten für die Übernahme des Krankenhauses trotz der bestehenden Schwierigkeiten aussprachen. Bei der Abstimmung über den Gesamthaushaltsplan, der „mit großer Mehrheit“ angenommen wurde, fiel auch die Entscheidung zum Kauf des Idsteiner Hauses samt Inventar.

Damit endete am 15. Juni 1951 die Geschichte des Idsteiner städtischen Krankenhauses und die des Kreiskrankenhauses Idstein begann.