Die Wahl einer „Kommission zur Erbauung des Krankenhauses“ durch die Stadtverordneten erfolgte bereits in der Sitzung vom 30. November 1900. Sie geschah durch Erweiterung der bestehenden Baukommission und war ein erster konkreter Schritt zur Verwirklichung des Vorhabens. Wer jedoch dachte, nun werde auch zügig gebaut, sah sich getäuscht. Der „erste Schritt“ war seinerzeit nicht anders als bei vergleichbaren Aufgaben in unseren Tagen: Mit der Kommission wurde ein Ausschuß gebildet, der für die notwendigen Maßnahmen verantwortlich war. In den folgenden fünf Jahren blieb der Bau ein Dauerthema dieses Gremiums.
Kaum wurde bekannt, daß der Magistrat sich im November 1901 für das Gelände an der Escher Straße, auf dem damals eine Gartenwirtschaft stand, als Bauplatz für das Krankenhaus entschieden hatte, gab es auch schon Widerspruch. Er wurde durch eine Zuschrift ohne Namensnennung „Aus unserem Leserkreis“ in der IZ vom 22. November 1901 in die Öffentlichkeit getragen. Ausgelöst durch einen Vortrag des seit Oktober 1893 in Idstein tätigen Dr. Friedrich Klein unter dem sachlichen Titel „Anlage und Einrichtung kleiner Krankenhäuser“ kam es zur Kontroverse, deren Inhalt durch die hier im Faksimile abgedruckten Berichte zu ersehen ist.
Die Stadtverordneten ließen sich jedoch, wie ihr Vorsteher Dr. Gustav Justi spitz formulierte, „trotz des ungerufenen und unsachkundigen Einwandes nicht abhalten, (am 6. Dezember 1901) den Ankauf des… Grundstückes mit 12 gegen 3 Stimmen zu beschließen“ (44). Er betonte, damit sei „ein wesentlicher Schritt vorwärts gethan, um die Erbauung eines unseren Verhältnissen entsprechenden Krankenhauses zu verwirklichen“.
Zügig wurde nun das Vorhaben angepackt und verwirklicht. Im Verwaltungsbericht für das Rechnungsjahr 1901/1902 hieß es im April 1902 zum neuen städtischen Krankenhaus: „Die Vorarbeiten wegen der Projektbearbeitung sind im Gange“. Im Mai 1902 schrieb der Magistrat einen Architekten-Wettbewerb zum Krankenhaus mit dem 1. Preis von 150 Mark (!) aus. Diesen errang Prof. Reuter, jedoch wurde der 2. Entwurf von Prof. August Nabenhauer (beide Idstein) weiter verfolgt. Letzterer wurde dann auch bauleitender Architekt. Im ersten Halbjahr 1903 erfolgte die Ausschreibung und Vergabe der Bauarbeiten. Insgesamt gingen 33 Angebote von Handwerkern für die Bauausführung ein.
Hier zeigt eine aufschlußreiche, knapp zwölf Zeilen lange Meldung in der Heimatzeitung vom 4. Juni 1903, daß Preisabsprachen mit überteuerten Angeboten keineswegs eine neue Erscheinung sind! So wird beklagt, „daß einzelne Meistergruppen vereint vorgingen und teilweise recht hohe unerfüllbare Forderungen bis zu 25 % Aufgebot einreichten“. Dennoch konnte bereits am 11. August 1903 die feierliche Grundsteinlegung erfolgen. Der Bericht darüber aus der Idsteiner Zeitung mit Text der eingemauerten Urkunde ist hier im Faksimile abgedruckt. Der Neubau fügte sich, wie aus einem Bericht „Bautätigkeit“ in der Idsteiner Zeitung vom 7. Oktober 1903 zu ersehen, in einen wahren „Idsteiner Bauboom“ jener Zeit ein! Unter den schließlich am Bau beteiligten einheimischen Firmen waren einige, die noch heute bestehen und einen guten Namen in der Stadt haben.
Die Baumaßnahmen am neuen Krankenhaus gingen planmäßig voran. Aus dem Verwaltungsbericht für 1903/04 geht hervor, daß im „der Stadt übereigneten alten Hospitalfonds“ noch 10.400 zur Verfügung standen. Der Rohbau, mit 26.000 Mark bei der Brandkasse versichert, war bis zum Winter fertiggestellt; mit dem Innenausbau begann man im März 1904. Bei Vorlage des Berichtes (45) waren die städtischen Gremien allerdings etwas zu optimistisch, denn es hieß darin, das Krankenhaus werde „bis längstens 1. Oktober d. Js. (1904) fertiggestellt sein und dem Betrieb übergeben werden können“. Ganz so schnell ging es nun doch nicht. Im Oktober 1904 wurde gerade die Lieferung von Einrichtungsgegenständen ausgeschrieben und vergeben.
Bemerkenswert im Bericht ist auch die Feststellung: „Der erhebliche Zuwachs des (städtischen) Vermögens resultiert hauptsächlich aus der Überweisung des Vermögens des Hospitalfonds“. Das „gesamte schätzbare Vermögen der Stadt“ betrug 1.381.244 Mark 78 Pfg., das „reine Vermögen“ nach Abzug der Schulden 1.139.332,86 Mk, allerdings zum weitaus größten Teil in Sachwerten wie Wald (757.166 Mk), Gebäude (254.860 Mk), Wasserwerk (125.305 Mk) und kleinere Beträge für Feldgüter, Mobilien und Anderes.
Ebenfalls 1904 wurde am 31. Oktober Dr. Friedrich Klein in einer Nachwahl zum Stadtverordneten gewählt und am 25. November in sein Amt eingeführt. Bei der 1907 anstehenden Wahl der Kommissionen wählte das Kollegium ihn, der 1901 die Kontroverse über den richtigen Platz für das Krankenhaus anzettelte, in die Krankenhaus-Kommission und bestellte ihn zwei Jahre später zum „leitenden Arzt“ des Krankenhauses!